Reisen, Ereignisse und andere schöne Momente

Indian Summer in Neuengland (Oktober 2015)

Toronto

Wenn ich von einem Leben nach dem Tod träume, dann findet es immer im Ritz in Paris statt.

Ernest Hemingway

Der Nachteil des Himmels besteht darin, dass man die gewohnte Gesellschaft vermissen wird.

Mark Twain

Wir haben einen kleinen Umweg über St. Jacob auf dem Weg nach Toronto gemacht. Jochen hatte diesen Ort in einem unserer Reiseführer ausfindig gemacht. Dort leben viele deutschstämmige Mennoniten, die ähnlich wie die Amish und Shaker ein Leben wie im 18. Jahrhundert führen. Die Mehrzahl geht auf Amish zurück, die zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs nach Kanada geflohen sind, um nicht eingezogen zu werden und andere Menschen töten zu müssen. St. Jacob, schwärmte der Reiseführer, sei ein beschauliches kleines Dorf mit vielen Antiquitätenläden und schönen Geschäften, wo man einen angenehmen Nachmittag verbringen und einen Kaffee trinken kann. Gelegentlich sähe man dort die Mennoniten in ihren Kutschen durch’s Dorf fahren.

So weit die Beschreibung im Reiseführer. Als wir dort ankamen, gab es nur einen Straßenabschnitt mit Boutiquen, Andenkenläden, Besucherzentrum und noch mehr Ramschläden. Auch der in Aussicht gestellte pittoreske Farmers Market ein paar Kilometer weiter entpuppte sich als schnödes Einkaufszentrum. Ein pakistanischer Verkäufer von Handyhüllen riss erschreckt die Augen auf, als ich ihn fragte, wo den die große Scheune mit den vielen kleinen Marktständen sei. Zwischen uns gab es eine massive Sprachbarriere aber ihm war klar, dass ich keine Handyhülle wollte. Wahrscheinlich dachte er ich sei von der Einwanderungsbehörde. Dass würde zumindest seinen panischen Blick erklären.

Wir haben den Reiseführer gleich vor Ort entsorgt und uns auf den Weg nach Toronto gemacht.

Der Verkehr war scheußlich und trotz Navi mussten wir immer aufpassen, ob wir auf der richtigen Spur fahren. Gerade das letzte Stück nach Downtown Toronto hatte es in sich. Aber als wir im Ritz-Carlton vorfuhren und dem Valet den Autoschlüssel in die Hand drückten war alles wieder gut. Wir wurden freundlichst mit „Nice to have you with us Mr. and Mrs. Stein“ in unser Zimmer begleitet und in die Bedienung der Lichtschalter sowie das Sortiment der Minibar eingewiesen. Wenn ich mal in den Himmel komme, steht bestimmt Ritz-Carlton über der Pforte!

Danach haben wir etwas gemacht, was wir keinem Bürger Torontos erzählen dürfen, sonst würden wir geteert und gefedert vor den Toren der Stadt in den Ontariosee geworfen. Wir sind nämlich auf den CN-Tower gefahren, während gerade das Baseballspiel der Toronto Blue Jays gegen die Kansas City Somethings lief. Wir hatten uns schon gewundert, warum es keine Warteschlange gab und wir direkt nach oben in das sich drehende 360 Grad Aussichtsrestaurant in Wolkenhöhe fahren konnten. Über den Aufzug hing ein Flach-TV in dem das Spiel lief. Ein Spieler der Blue Jays stand am Abschlag und schaffte es beim zweiten Versuch den Ball flach ins Feld zu schlagen und bis zur ersten Base zu kommen. Dann ging die Fahrstuhltür auf und der junge Aufzugführer stürzte heraus, drehte sich um und frage „Hat er es geschafft?“

Mit dem Aufzug ging in atemberaubender Geschwindigkeit nach oben, während Jochen durch ein Bodenfenster nach unten schaute und ich meinen Blick starr in der Waagerechten hielt. Als wir oben ankamen, wurden wir mit einem grandiosen Ausblick empfangen und zu einem Tisch direkt am Fenster  geführt. Wir hatten so ein Glück! Ich hatte nämlich schon Sorge, dass man wegen Nebel nichts hätte sehen können. Dummerweise hatte Jochen vor lauter Eile vergessen, seine Kamera mitzunehmen, daher konnte ich nur mit dem Handy Fotos machen, aber diese sind eigentlich ganz gut geworden. Eine Umdrehung des Restaurants dauert 72 Minuten und wir haben knapp 2 Umdrehungen mitgemacht. So dass wir die Stadt sowohl im Hellen als auch im Dunkeln gesehen haben.

Bei der Abwärtsfahrt begleitete uns eine Aufzugführerin,  die auf die Frage, wer das Baseball Spiel gewonnen hätte, freudestrahlend anwortete, die Blue Jays (also Toronto) . Auf dem Weg zum Hotel zogen dann viele jubelnde Fans an uns vorbei durch die Straßen.

Gabi entdeckt gerade, dass im Badezimmerspiegel ein, ausgeschaltet unsichtbarer, Fernseher integriert ist. Helle Begeisterung. Das WC reagiert hier zwar nicht auf Sprachbefehle, aber die Aussicht aus dem 19. Stock ist nicht übel. 

Hier noch unsere Route für den heutigen Tag: